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Inhalt: Die Interpretation des Gedichts "Angstlied" von Ulla Hahn liefert tiefe Einblicke in die Thematik der Ängste und Lebensumstände des lyrischen Ichs. Sie erklärt die Verwendung literarischer Stilmittel wie Personifizierung und Alliteration, die das Verständnis des Gedichts vertiefen. Die Analyse bietet zudem einen historischen Kontext, der die Nachkriegszeit und persönliche Erfahrungen der Autorin beleuchtet. Leser erhalten durch diese Interpretation eine umfassende Betrachtung des Werkes, die zum besseren Verständnis von Ulla Hahns Intentionen beiträgt.
Gedicht „Angstlied“ – Ulla Hahn
Interpretation
In dem Gedicht „Angstlied“ von
Ulla Hahn, erschienen im Jahr 1981, geht es, wie in dem Titel „Angstlied“
bereits hervorgeht, um Ängste des lyrischen Ichs in dessen gesamten
Lebenssituationen. Auf dem ersten Blick wirkt das lyrische Ich im gesamten
Verlauf sehr einsam, alleine und verängstigt, wie im weiteren Verlauf der
Analyse hervorgeht.
Das Gedicht gliedert sich in
drei Strophen mit jeweils vier Versen. In der ersten Strophe handelt es sich um
einen nicht durchgehenden Kreuzreim. Dabei reimen sich der erste und der dritte
Vers nicht. In der zweiten Strophe existieren ein Paarreim im siebten und
achten Vers und ein Kreuzreim in dem achten und zehnten Vers. Jedoch handelt es
sich es bei dem Paarreim um einen unechten Reim („Mann“-„bang“). Ähnlich wie in
den ersten zwei Strophen existiert auch in der dritten Strophe ein nicht
durchgehender Kreuzreim. Im dritten und vierten Vers und im neunten und zehnten
herrscht ein Enjambement vor. Es handelt sich hierbei um ein Lied, wie aus der
Überschrift bereits erkennbar ist. Ein Lied gliedert sich in Strophen mit
jeweils der gleichen Versanzahl. Ein Lied ist ein gereimtes, strophisch
gegliedertes, zum Singen geeignetes Gedicht in schlichter Sprache.
Das Gedicht weist durchgehend
einen parataktischen Schreibstil auf, mit kurzen Sätzen und einer einfachen
Sprache (vgl. St. 1, V. 1-2). Die ersten zwei Verse der drei Strophen beginnen
mit „Ich hab“ und „bin viel zu“. Dies deutet auf einen Parallelismus hin. In
der ersten Strophe verdeutlicht das lyrische Ich, das es in der Vergangenheit
oft umgezogen ist. Diese These wird durch den dritten und vierten Vers
untermauert (vgl. Vers 3-4 „bläst mich ein Wind hinaus hinein“). Hierbei
handelt es sich ebenfalls um eine Personifizierung „bläst..Wind“ und eine Alliteration
„hinaus hinein“. Das lyrische Ich verstärkt dessen Situation der
Heimatlosigkeit.
Wie bereits erwähnt fängt die
zweite Strophe genau wie die Erste an. Der Autor versucht dadurch alle Strophen
miteinander in Verbindung zu bringen und einen Faden durch das Gedicht zu
ziehen. Dieser Refrain-ähnliche Aufbau erinnert an die Gedichtform Lied. Es
ist typisch, dass wenige Stilmittel verwendet werden, da sich der Autor eine
einfache Sprache für das Gedicht angeeignet hat. So auch in der zweiten
Strophe.
Bis auf die Ellipse in Vers
sechs, das Enjambement in Vers sieben und acht und die Wiederholung des
Satzanfanges in Vers in Vers fünf und sechs, lassen sich keine anderen
Stilmittel finden. Das lyrische Ich hat „kein Mann“, da ihr „viel zu bang“ ist,
da es sonst seinen „Himmel selbst anzünden würde“ (vgl. V. 7-8). Die Angst des
lyrischen Ichs vor einer bindende männliche Person ist eindeutig. Sie würde ihr
Leben mit einem Mann an ihrer Seite riskieren. Daraus ist zu entnehmen, dass
das lyrische Ich in der Vergangenheit negative Erfahrungen mit männlichen
Personen gemacht hat. Dazu gehören physische als auch psychische Misshandlungen
und/oder andere negative Erfahrungen.
Der Refrain setzt sich auch in
der dritten Strophe fort (vgl. V.9-10 „Ich hab…“/„bin viel zu..“). Das lyrische
Ich besitzt „kein Herz“ und ist deshalb „viel zu tot“ (vgl. V. 9-10). Das Herz
hat hier vielerlei Bedeutungen oder Interpretationsmöglichkeit. Allgemein steht
das Herz als Symbol für meist positive Gefühle, Liebe und das aktive Leben.
Anscheinend hat das lyrische Ich keine Gefühle oder ist nicht fähig sich dieser
zu bemächtigen, aufgrund der verwesenden Lebensfreude, Lustlosigkeit und
Trauer, in welches sich das lyrische Ich befindet.
Das wird vor allem durch Vers
10 beschrieben „bin viel zu tot“. Im 11. und 12. Vers existieren atypisch für
den vorherigen Verlauf des Gedichtes, vier Stilmittel zugleich: Vers 11 lässt
sich als Synästhesie und auch als Euphemismus deuten „weich warm verschneit“,
wobei warm und verschneit nicht zueinander passen und im weitesten Sinne als
Gegensatz gesehen werden kann.
Auch Vers 12 weist einen
Euphemismus auf(Vers 12 „in liebe Not“). Das lyrische Ich verschönert seine
aussichtslose Situation mit diesen Stilmittel. Es wirk fast so, als würde das
lyrische Ich mit seinem Leben abgeschlossen haben und seine bedrohliche und
verängstigte Lebenslage akzeptiert. Das von „Schnee“ isolierte „Herz“, deutet
darauf hin, dass positive Gefühle nicht hervordringen können und dass das
lyrische Ich deshalb sich in „Not“ befindet, da es keine Möglichkeit hat diese
Isolation zu durchbrechen.
Meist reflektiert ein Gedicht
bzw. der Inhalt eines Gedichts die Gefühlslage des Dichters und/oder die
Lebensumstände einer Person zu einer bestimmten Epoche. Da es sich hierbei um
ein relativ neues Gedicht handelt und der Autor anfangs sich als Kind
beschreibt (vgl. Vers 2), ist davon auszugehen, dass hier die Nachkriegszeit
des Dichters im Vordergrund steht. Also spielt sowohl die Gefühlslage des
Dichters, als auch der Epochenbezug eine wichtige Rolle bei der Interpretation
des Gedichts. Meist spiegelt ein Gedicht, das Leben des lyrischen Ichs wider.
Es kann also mehr oder weniger
sicher behauptet werden, dass Ulla Hahn alle Geschehnisse des lyrischen Ichs
durchlebt hat, dass Sie nach dem Krieg oder auch während dem Krieg, zusammen
mit der Familie, heimatlos waren und auf der Suche nach Sicherheit und der
erloschenen Lebensfreude waren.
Die zweite Strophe kann
mehrdeutig interpretiert werden. Mit der männlichen Person kann eine Vaterperson
gemeint sein, den Sie in dieser Reise bzw. in dem Krieg verloren hat. Ihre Welt
ist zu diesem Zeitpunkt schon zusammengebrochen, weil Sie hier den Himmel
anspricht und der Himmel der höchste Ort sein kann um das ganze Elend entgehen
zu können. Alle positiven weltlichen Gefühle sind zu diesem Zeitpunkt bereits
verloren und die Hyperbel „viel zu tot“ zeigt den Ausmaß der Katastrophe.
Das Ende des Gedichts wirkt
eher abgerundet und heitert auf eine gewisse Art wieder auf, obwohl nur der
Schleier um die Trauer, Ängste und Schicksalsschläge des lyrischen Ichs
gewickelt wird. Tatsächlich befindet sich das lyrische Ich und somit auch Ulla
Hahn zu einer Zeit ihres Lebens in bedrohlicher „Not“ (vgl.V.12).
Schlussendlich kann man sagen,
dass das Gedicht bzw. das Lied durchgehend einen negativen Charakter besitzt.
Bis auf die letzten zwei Verse des Gedichts, wirkt das Gedicht monoton, unglücklich
und düster. Es handelt sich deshalb eher um ein Trauerlied, als um ein
typisches Lied.